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Wenn der Streit verstummt

  • thomasoberle8
  • 19. Sept.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Nov.



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Sofia liebt es, mit Jonas zusammen zu sein. Seine ruhige Art, seine Verlässlichkeit, seine Zuneigung. Und doch passiert es immer wieder: Wenn sie streiten, zieht sich Jonas zurück. Wortlos, tageweise. Und Sofia bleibt ratlos zurück – mit dem Gefühl, allein mit ihren Emotionen zu sein.


Sie spricht es an. Wieder und wieder. Jonas sagt dann: «Ich brauche einfach Zeit.» Oder: «Ich kann nicht gleich reagieren, sonst eskaliert es.» Was für Jonas wie Selbstschutz wirkt, fühlt sich für Sofia wie Distanz an. Und dann fragt sie sich: Geht es hier wirklich um sie? Oder spuken da noch Geister aus der Vergangenheit durch die Beziehung?


Tatsächlich ist es in Partnerschaften selten so, dass wir ganz bei null beginnen. Unsere früheren Beziehungen – ob kurz, intensiv oder verletzend – hinterlassen Spuren. Sie formen unser Verhalten, unsere Erwartungen, unsere Ängste.


Der Hacken

Was in einer alten Beziehung sinnvoll war, kann in einer neuen fehl am Platz sein. Jonas hat in seiner letzten Beziehung erlebt, dass Streit immer laut wurde – und verletzend. Rückzug war damals sein einziger Weg, Eskalation zu vermeiden. Aber Sofia ist nicht seine Ex. Sie will reden, nicht schreien. Nähe, nicht Drama.


Und genau hier entsteht oft ein unsichtbarer Konflikt

Zwei Menschen begegnen sich – aber bringen unbewusst alte Muster mit. Wer früher verlassen wurde, braucht heute mehr Sicherheit. Wer früher unter Kontrolle litt, pocht jetzt auf Freiheit. Wer früher nie gehört wurde, will heute jedes Detail ausdiskutieren. Und all das passiert meist ohne böse Absicht – aber mit grosser Wirkung.


Zurück zu Sofia und Jonas. Ihre Konflikte drehen sich nicht nur um das Hier und Jetzt, sondern auch um alte Prägungen. Ihre Reaktionen treffen aufeinander – und verstärken sich. Je mehr Jonas sich zurückzieht, desto mehr fühlt sich Sofia verlassen. Je mehr sie klammert, desto mehr braucht er Abstand. Ein Teufelskreis.


Was hilft?

Erkennen, dass jede Beziehung eine Geschichte hat – und dass diese nicht bei null beginnt. Ich sage meinen Klientinnen und Klienten: Unsere Vergangenheit ist kein Makel. Aber sie wird dann zum Problem, wenn wir sie nicht erkennen und nicht verstehen möchten.


Es geht nicht darum, jede Ex-Beziehung aufzudröseln. Aber darum, ehrlich hinzuschauen: Was bringe ich mit? Was macht mir Angst – und warum? Wo vermische ich unbewusst Vergangenes mit dem, was jetzt wirklich passiert?


Denn: Eine neue Partnerschaft ist eine neue Chance. Aber nur, wenn wir die alten Geschichten nicht ständig mitschreiben lassen. Oder schlimmer: den aktuellen Partner für etwas bestrafen, das jemand anders verursacht hat.


Darum mein Tipp:

Sprecht über eure vergangenen Erfahrungen. Nicht nur über das, was euch stört – sondern über das, was euch geprägt hat. Nicht mit Vorwürfen, sondern mit Verständnis. Sätze wie: «Wenn du dich zurückziehst, fühle ich mich wie damals, als ...» bringen mehr Klarheit als endloses Grübeln.


Paarspektive.ch | Paarberatung | Thomas Oberle

 
 
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